Karthäuser müssen schweigen. Das Sprechen ist ihnen
nur in Ausnahmefällen erlaubt. Ein Mönch durfte. Er
griff immer wieder zum Telefon. Nach zwei Monaten
endlich erreichte er Philip Gröning. Der hatte 15 Jahre
auf diesen Anruf gewartet. Erstmals durfte ein
Filmemacher das Leben der Mönche begleiten.
"Ich bin nicht in dem Sinne gläubig, wie die Mönche
gläubig sind", sagt Gröning rückblickend. "Das bin ich
auch dort nicht geworden. Aber ich habe bei den Mönchen
ein Gefühl dafür bekommen, dass es nichts gibt, was
wirklich schief gehen kann."
Sechs Monate lebt Gröning im Kloster und findet
allmählich seine Haltung, den richtigen Blick. Er macht
alles selbst: Ton, Kamera und Regie. Den Kontakt zu den
Mönchen hält er, indem er kurze Notizen verfasst und in
Zettelkästen hinterlässt. "Einer der Mönche wollte nicht
im Film auftauchen. Ich habe ihm also immer Zettel
geschrieben: ‚Morgen werde ich im Kreuzgang filmen,
bitte gehe anders herum.' Und er schrieb mir zurück. So
entstanden Freundschaften. Einmal habe ich ihm einen
Zettel geschrieben, dass ich so verwirrt sei über
logisches Arbeiten und nicht-logisches Arbeiten. Und
dann hat er mir Dylan-Thomas-Gedichte in mein Fach
gelegt."
Gröning lässt sich auf das Leben im Kloster ein. Es
gelingen ihm einzigartige Porträts. Mit großer
Gelassenheit schauen die Mönche in seine Kamera. Bilder
aus einer anderen Welt. "Als ich die Porträts drehte,
war das eine sehr klare Situation: Hier ist die Kamera
und hier seid ihr - und das steht sich jetzt gegenüber.
Das war am Anfang auch die einzige Möglichkeit zu
drehen. Erst nach drei Wochen habe ich langsam damit
angefangen, auch das Gemeinschaftsleben zu drehen.
Innerhalb der einzelnen Zellen habe ich die ersten
Aufnahmen sogar erst nach fünf, sechs Wochen gemacht.
Diese Räume sind sehr intim, weil dort immer ein Mensch
ganz alleine lebt. Und sich da gleich nach einer Woche
mit der Kamera hinzustellen, das wäre überhaupt nicht
gegangen!"
In einer Zeit von Rastlosigkeit, Internet und
Globalisierung wirkt der Film mit seinen endlos langen
Einstellungen wie eine Botschaft. "Der äußere Zustand
der Ruhe ändert natürlich auch den inneren Zustand. Es
ist aber ein Zustand, den man sich bewusst suchen kann.
Es ist nicht so, dass den Mönchen dieser Zustand der
Ruhe geschenkt wird. Sondern die schaffen sich den. Da
kommt natürlich die Frage auf: Kann nur in so einem
Zustand der Ruhe das Gefühl entstehen, dass die Dinge
ihre Richtigkeit haben? Das glaube ich auf keinen
Fall."
Gröning zeigte den Brüdern den fertigen Film. Die
Mönche amüsierten sich vor allem über kleine Fehler bei
den Ritualen. Die gelten schließlich seit Jahrhunderten.
1084 gründete der Heilige Bruno den Orden. Bis heute
existieren weltweit noch 19 Karthausen mit circa 370
Mönchen. Es ist ein Leben in stiller Andacht, ganz Gott
gewidmet. Eine Welt außerhalb der Zeit und jenseits
flüchtiger Sprache. |