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6.11.2005 | 23:00

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Die große Stille:
Eine packende Dokumentation über den legendären Schweigeorden - die Karthäuser

(Autorin: Antje Harries)
'Die große Stille' © BR
'Die große Stille' © BR
'Die große Stille' © BR
'Die große Stille' © BR
'Die große Stille' © BR

Karthäuser müssen schweigen. Das Sprechen ist ihnen nur in Ausnahmefällen erlaubt. Ein Mönch durfte. Er griff immer wieder zum Telefon. Nach zwei Monaten endlich erreichte er Philip Gröning. Der hatte 15 Jahre auf diesen Anruf gewartet. Erstmals durfte ein Filmemacher das Leben der Mönche begleiten.

"Ich bin nicht in dem Sinne gläubig, wie die Mönche gläubig sind", sagt Gröning rückblickend. "Das bin ich auch dort nicht geworden. Aber ich habe bei den Mönchen ein Gefühl dafür bekommen, dass es nichts gibt, was wirklich schief gehen kann."

Sechs Monate lebt Gröning im Kloster und findet allmählich seine Haltung, den richtigen Blick. Er macht alles selbst: Ton, Kamera und Regie. Den Kontakt zu den Mönchen hält er, indem er kurze Notizen verfasst und in Zettelkästen hinterlässt. "Einer der Mönche wollte nicht im Film auftauchen. Ich habe ihm also immer Zettel geschrieben: ‚Morgen werde ich im Kreuzgang filmen, bitte gehe anders herum.' Und er schrieb mir zurück. So entstanden Freundschaften. Einmal habe ich ihm einen Zettel geschrieben, dass ich so verwirrt sei über logisches Arbeiten und nicht-logisches Arbeiten. Und dann hat er mir Dylan-Thomas-Gedichte in mein Fach gelegt."

Gröning lässt sich auf das Leben im Kloster ein. Es gelingen ihm einzigartige Porträts. Mit großer Gelassenheit schauen die Mönche in seine Kamera. Bilder aus einer anderen Welt. "Als ich die Porträts drehte, war das eine sehr klare Situation: Hier ist die Kamera und hier seid ihr - und das steht sich jetzt gegenüber. Das war am Anfang auch die einzige Möglichkeit zu drehen. Erst nach drei Wochen habe ich langsam damit angefangen, auch das Gemeinschaftsleben zu drehen. Innerhalb der einzelnen Zellen habe ich die ersten Aufnahmen sogar erst nach fünf, sechs Wochen gemacht. Diese Räume sind sehr intim, weil dort immer ein Mensch ganz alleine lebt. Und sich da gleich nach einer Woche mit der Kamera hinzustellen, das wäre überhaupt nicht gegangen!"

In einer Zeit von Rastlosigkeit, Internet und Globalisierung wirkt der Film mit seinen endlos langen Einstellungen wie eine Botschaft. "Der äußere Zustand der Ruhe ändert natürlich auch den inneren Zustand. Es ist aber ein Zustand, den man sich bewusst suchen kann. Es ist nicht so, dass den Mönchen dieser Zustand der Ruhe geschenkt wird. Sondern die schaffen sich den. Da kommt natürlich die Frage auf: Kann nur in so einem Zustand der Ruhe das Gefühl entstehen, dass die Dinge ihre Richtigkeit haben? Das glaube ich auf keinen Fall."

Gröning zeigte den Brüdern den fertigen Film. Die Mönche amüsierten sich vor allem über kleine Fehler bei den Ritualen. Die gelten schließlich seit Jahrhunderten. 1084 gründete der Heilige Bruno den Orden. Bis heute existieren weltweit noch 19 Karthausen mit circa 370 Mönchen. Es ist ein Leben in stiller Andacht, ganz Gott gewidmet. Eine Welt außerhalb der Zeit und jenseits flüchtiger Sprache.

 

Ein Film als Exerzitium. Dreieinhalb Stunden lang und radikal. Mit grandiosen Bildern, ohne Kommentar, ohne Musik und fast ohne Dialoge. "Gegen Ende des Drehs habe ich damit angefangen, darüber nachzudenken, wie ist das, wenn ich das Kloster wieder verlasse", erinnert sich Gröning. "Da habe ich gemerkt, dass der Kloster-Raum unglaublich angstfrei ist - ein freier Raum! Man muss verstehen, dass diese Leute nicht nur vor den alltäglichen Sachen keine Angst haben, sondern auch vor dem Tod nicht. Der Tod ist für die Mönche ein klarer Übergang, der sofort in den Himmel führt."

 
 
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