Ein (Video-)Interview von Tim
Stüttgen am 12.07.01 in Berlin Kreuzberg. Links im Text führen zu
Interviewausschnitten (Real Video-Streams). Das gesamte Interview
als pdf zum Mitnehmen und "einfach nur" lesen gibt es hier (Ziel speichern).
>>>> Magst du nicht erst mal selber was über deinen
Werdegang erzählen? ( hi
- lo
)
<<<< Ich hab´ erst mal n´ bisschen Medizin
studiert, wollte eigentlich
Psychiater werden, hab´ also erst mal n´ bisschen Medizin studiert,
und dann sofort wieder abgebrochen weil ich gemerkt hab´ ich wollte
einfach Film machen.
>>>> Wie hast du das gemerkt?
<<<< Hatte kein Geld für das Studium, und hab´ so
Jobs nebenher gemacht. Hatte sowieso schon in der Schule überlegt,
ich wollte Astrophysiker werden oder eben Film, und dann war es
schnell entweder Film oder so was wie Psychoanalyse, und dann hab´
ich so Nebenjobs gemacht neben dem Studium. Und dann war das
ziemlich schnell klar, dass Regie die spannendere Sache ist. Und
eigentlich kam es weil ich gemerkt hab, dass natürlich das Tolle am
Film ist, dass du dich ununterbrochen mit verschiedenen Welten
beschäftigen kannst. Also für jemanden der sich schwer entscheiden
kann, zu welcher Welt er dazugehört ist das ideal, weil du hast
natürlich das irre Recht überall hinzugehen und fragen zu stellen.
>>>> War es dann eher das Gucken, als du
irgendwelche Filme gesehen hast, die dich umgehauen haben, oder war
kam es erst eher in der Zeit als du dann gemacht hast?
<<<< Komischerweise gab´ es nicht so viele Filme die
mich umgehauen haben. Ich fand´ die Andy Warhol-Filme super, und
Taxi Driver hat mich natürlich umgehauen, und auch einige der Robert
Altman-Filme fand´ ich super. Ich glaube Nashville hatte ich noch
gesehen als ich noch in der Schule war, und bei Nashville und den
Andy Warhol-Filmen hab´ ich gedacht, wau, so was will ich machen.
>>>> Und dann?
<<<< Dann ging es
unheimlich schnell, ich hab bis hin gearbeitet und war dann sofort
irgendwie Regieassistent bei ´ner ziemlich großen Produktion, und
dann war sofort klar, , wenn ich jetzt weiter Regieassistenz mache,
dann werde ich halt Produktionsleiter oder Produzent weil
Regieassistenz in Deutschland, das führt ja so zu Organisations- und
Produktionsarbeit. Und dann hab ich mich sofort beworben und bin
dann in München zur Filmschule gegangen.
>>>> Und war
das schwer darauf zu kommen?
<<<< Das war unheimlich
einfach, weil ich da nicht hinwollte. Ich wollte unbedingt auf die
Berliner Schule, und dann hab ich mich in München beworben und hab
gesagt: das ist mir jetzt total egal, was die von mir erwarten, ich
mach jetzt genau das, was mir Spaß macht, weil ich da sowieso nicht
hinwill. Und alle sagten, man muss da so kommerziellen Kram machen,
und da hab ich gesagt, okay dann muss ich das jetzt rausfinden und
bewerb mich eben mit meinem Zeug, und wenn die mich nehmen, dann ist
es gut, und wenn die mich nicht nehmen, dann wär ich da eh falsch.
Und dann haben sie mich genommen, war ja klar(lacht).Und in Berlin
hast du dich zuerst beworben? Ja, ich habe mich zweimal in Berlin
beworben, und die haben mich überhaupt nicht gewollt.
>>>> Immer das gleiche.
<<<< Immer
das gleiche. Aber es ist wahrscheinlich...wahrscheinlich
funktioniert das nicht. Wenn man sich dann so bemüht, dann gehts
halt nicht.
>>>> Wie wars denn in München? Das ist so
ne Schule die ich heute gar nicht mehr einordnen kann. (hi
- lo
)
<<<< Man muss ja dazu wissen, was ich mache. Ich
mache ja jetzt Regie und produzier die Sachen immer selber, so war
auch mein Regieassistenten-Ausflug sehr nützlich. Ich mach ja auch
zum Beispiel selber die Kamera. Bei den dokumentarischen Sachen mach
ich die Kamera, ich hab bei meinen Filmen immer einen Teil der
Kamera gemacht. Jetzt bei L´Amour hab´ ich deutlich über die Hälfte
der Kamera gemacht, halt unter diesem Silberstein-Pseudonym, die
Münchner Filmhochschule gibt dir einfach ne technische Ausbildung
die ist der Hammer. Du kannst einfach danach ne Kamera in die Hand
nehmen und du weißt wie sie geht und du kannst im Prinzip danach
alles machen. Und das andere Gute ist, du wirst ziemlich alleine
gelassen, das heißt, du musst einfach rausfinden was du willst. Und
anders glaube ich funktioniert das eh nicht.
>>>>
Und wie lang ging das da?
<<<< Zur der Zeit war die
Hochschule noch etwas unorganisiert...Insgesamt hab ich da so
fünfeinhalb Jahre studiert, wobei ich studieren in diesem Fall halt
heißt.. Ich hab ja sofort auch angefangen innerhalb der Hochschule
Filme zu machen, die plötzlich ne Nummer zu groß waren. Ich hab als
ersten Übungsfilm Sommer gemacht, die anderen haben alle so Zehn-,
Fünfzehn-Minutenfilme gemacht und ich hatte halt so ´ne Idee wo wir
halt ´nen Film gemacht haben, und ich wusste noch nicht, dass der
dann so 105 Minuten lang wird. Und dann ist ers aber geworden.
>>>> Wie hast du dich den vorher bei den großen
Produktionen gefühlt, war das denn dein Ding da?
<<<<
Ich hatte vorher 2 große Produktionen gemacht bei ´nem Regisseur der
hieß Peter Kegelwitsch, einem unglaublich gutem
Schauspieler-Regisseur, und da hab dich total viel gelernt über
Schauspiel-Führung... Und ansonsten, das war der Grund warum ich das
früher aufgehört hab. Das war ein Film von ihm der Belladonna heißt,
der hat ´nen Film gemacht, ne Liebesgeschichte, die ein unglaublich
kommerzieller Flop geworden, und auch leider ein unglaublich
schlechter Film geworden ist. Und wo du richtig sehen konntest, wie
die Geschichte kaputt gemacht geworden ist, oder auch wie sie im
weggenommen worden ist, muss man leider auch sagen. Ganz simpel
eigentlich, ne Liebesgeschichte ist ja nur interessant in den
Details, die Grundschemata sind immer die selben, und irgendwann
taucht ein unglaublicher Druck auf, der muss kürzen, der muss auf 90
Minuten, und dann flogen all die Details raus, und das was übrig
blieb war unglaubliches Klischee-Zeug. Und das war relativ hart, zu
sehen, wie aus ´ner richtig schönen Geschichte, durch diesen Druck,
der nicht vom Produzenten kam, der war super, der aber von Verleih
und Fernseh-Anstalten kam. Am Schluss war was übrig, wo dann alle
sagten: "Das ist jetzt kein super Film." Wo du dann dachtest "Was
ist denn jetzt los? Zuerst schmeißen sie alles raus, und dann sagen
sie was übrig ist, ist nix."
>>>> War das dann so´ne
Zeit wo du wo etwas abgeschreckt wurdest? (hi
- lo)
<<<< Ne, diese Zeit war schon vorbei. Ich war nach
dem Abi relativ lange in Südamerika. Es war so ´ne Zeit wo ich
rausfinden wollte, was ich machen wollte und ob ich überhaupt in
Europa leben will und so. Und als ich zurückkam, da hab ich
gearbeitet bei so Fernsehserien. Und da haben alle gesagt: Du musst
Regieassistenz machen, vier Lahre lang machen, und dich
hocharbeiten. Da hab ich mir das angeguckt und mir gesagt: Wenn du
in diesem Fernsehbetrieb arbeitest 5 Jahre oder 10, dann hast du
überhaupt keine Chance, dass du noch irgendwas zu erzählen hast.
Weil du zerstörst dir da dein Erzählpotential recht sicher. Und dann
hab ich sofort aufgehört.
>>>> Krass. Aber klar, das
war auch die Erfahrung, von der ich bei Fernsehdrehs gehört habe.
<<<< Ja, es ist gut, um zu lernen. Wie man
Schauspieler inszeniert, wie du mit der Technik umgehst, ist auch
gut zu wissen, wie man den Set organisiert. Also das ist ja ein
Problem für viele Leute von der Filmhochschule, die da stehen auf
dem Set und da sind 30 Leute, und wie organisiert man den Set, wie
sind die Abläufe, wie kann man Sachen schneller machen, wie kann man
Sachen minimieren, wie kriegst du es Technik hin dass du im Budget
bleibst und so weiter... dafür ist es gut aber... Das Fernsehen hat
ja im Moment ne unheimlich interessante Rolle. Meines Erachtens
führt ja das Fernsehen dazu das jetzt wieder ne extrem
experimentelle Freiheit im Kino auftauchen wird, weil der Zuschauer
jetzt gerade so trainiert wird darauf dass so maximale Konflikte,
super-archaisch nach Drehbuch/Lehrbuch, richtig so keine Ahnung: der
Vater muss Sohn an eigenem Hirntumor operieren und verliert dabei
seine geliebte, weil eigentlich wollte er sich trennen von seiner
Frau, aber weil er jetzt den Sohn rettet muss er dabei der Familie
bleiben .so was ist ja eigentlich ein recht tiefer Konflikt und all
das jetzt wird ja immer innerhalb so 23 Minuten abgehandelt, in
extremer Effizienz. Und das führt, am Schluss glaube ich, dann dazu
dass die Zuschauer im Kino wiederum unheimlich Lust haben auf
Geschichten die sich sehr viel Zeit nehmen, und die sehr viel
Nebenstränge erzählen oder die zum Beispiel die gar nicht so
Riesen-Konflikte erzählen... Aber das Fernsehen ist ja im Endeffekt
dabei, was den fiktionalen Bereich angeht, sind die dabei voll vor
die Wand zu laufen. Weil, du kannst ja natürlich nicht mehr das
Konfliktpotential irgendwann nicht mehr das Konfliktpotential in
´ner 23minuten Geschichte steigern, und irgendwann sind die halt
dann am Ende.
>>>> Glaubst du, das gilt auch für
Deutschland, und was hältst du überhaupt von der momentanen
Situation? (hi
- lo
)
<<<< Also, ich fand dass es jetzt dieses Jahr ein
paar ganz gute deutsche Sachen gab. Ich fand zum Beispiel Die Innere
Sicherheit wirklich gut, ich fand auch Alaska.de gut. Ansonsten ist
Deutschland wie jedes andere Filmland auch, du produzierst halt sehr
viele Filme, um ein paar gute Filme herzustellen, das ist in
Hollywood auch so. Was ich ein Problem find in Deutschland ist, dass
Deutschland fünfzehn bis zwanzig Jahre Amerika hinterher hängt,, und
Deutschland die Filmpolitik vertritt: Weg mit dem Autorenfilm, ein
Regisseur muss jemand anderes sein als Drehbuchautor, Regisseur muss
jemand anderes sein als Produzent...und die merken überhaupt nicht,
dass in Amerika... Die vertreten momentan so ungefähr die Position
wie Amerika in den späten Siebzigern. Also, diese ganze
Spielberg/Stone-Generation sind jedenfalls Leute, die selber
produzieren, selber schreiben und selber Regie machen. Und die
deutsche Filmpolitik benimmt sich so, als wäre sie Hollywoods
Industrie-Presse-Sprecher im Jahre´75 die sagt: "Wir müssen dass
alles professionalisieren". Das ist ja vollkommen wahnsinnig, wenn
so das Filmboard, Filmstiftung ist ja noch ne löbliche Ausnahme,
dass die Leute sagen: "Und wer ist Ihr Produzent, und wieso haben
Sie keinen professionellen Drehbuchautor? Warum machen Sie sich das
professionell wie die Amerikaner?", also die Frage: "Wie schaffen
wir auf einen internationalen Level zu kommen, wir schaffen das,
indem wir professionelle Strukturenmachen", und die kriegen
überhaupt nicht mit, dass das, was im internationalen Kino passiert,
seit langer Zeit vollkommen gegenläufig ist. Also mit
Personial-Union von Produzent/Autor/Regisseur. Und was das
asiatische Kino angeht, dass es auch vollkommen weggeht von fertigen
Drehbüchern. Wenn ich in Amerika bin, interessiert sich eigentlich
niemand für fertige Drehbücher. Die interessieren sich für
Treatment, Rollen, Szenenabfolge. Das ist die
Entscheidungsgrundlage. Das ist das merkwürdige in
Deutschland.
>>>> Schon krass. Ich habe mir mal diese
ganzen neuen deutschen Sachen und die Jahreshits auf der Berlinale
angeschaut, aber es brauchte dann schon L´Amour bis ich dann mal
richtig bewegt aus dem Kino kam. Gerade so in Bezug auf Details,
Figuren, Konsequenz. Dann ist es schon erst mal heftig wenn ich höre
dass der immer noch keinen Verleih hat. (hi
- lo)
<<<< Tja, das war jetzt auch erst mal ne
interessante Erfahrung, der hat jetzt erst mal die deutsche
Kritikerhinrichtung gekriegt. Das deutsche Kritiker-System ist auch
eines, das super-einfach funktioniert. Das haben auch der Karmakar,
auch die Dubinis so erlebt, eigentlich alle. Die Journalisten auch
gerne kreativ, und was kannst du als Journalist schon kreatives
machen. Du kannst z.B. jemanden neu entdecken, also du entdecktst
jemanden neu und das findest du ja auch gut, und dann erlebt man
recht regelmäßig, dass die Leute die letzten Film von dir als
Entdeckung gefeiert haben, den nächsten einfach mal hinrichten. Im
Prinzip möglicherweise ähnlich wie die Fernesehserien: du musst
quasi als Journalist immer wieder neue Talente entdecken und alte
zerreißen um wieder für neue Platz zu machen. Wie in Fernsehserien
eben das neue erst mal genial und dann eben das neue danach und das
alte nicht mehr. >>>> Aber in Deutschland gibt es doch
nicht so viele Talente.
<<<< Aber das ist ein
Problem, dass in Deutschland wiederum die Talente unter so einen
merkwürdigen Druck gesetzt werden. Also das ist sicherlich was der
Tykwer mit Krieger Und Die Kaiserin erlebt hat, wobei ich den auch
wirklich nicht gut fand. Aber die Innere Sicherheit find ich auch
richtig gut, auch ein sehr konsequenter Film. Erstaunlich gut.Aber
die...was du sagst, wenn dir beispielsweise die Details so gefallen
haben. Ich kann mich halt auch von nem bestimmten Druck freihalten,
ich kann einfach sagen, ich lass mir da nicht über all reinreden.
Wobei das ne schwierige Balance ist, zwischen den Details in denen
du ne Geschichte entwickelst und dem Rahmen in dem du ne Geschichte
entwickelst.
>>>> Wie kam denn die Entscheidung
selber zu produzieren, und wie ist das denn dann mit dem "davon
leben können"? (hi
- lo)
<<<< Ja, einfach davon leben kannst du eh nicht
richtig von Filmen. Das geht uns, glaube ich allen so. Wenn man
nicht zufälligerweise Preise kriegen würde die einen dann wieder
überleben lassen, wäre es glaube ich ein bisschen schwierig. Hmmm,
ich hab halt in der Hochschule eben dann den ersten Film gemacht,
und da bist du ja eh immer selber Produzent.
>>>> Und
dann hast du es halt einfach beibehalten...
<<<< Ich
hab´s beibehalten, und auch, z. B. die Dubinis produzieren ja auch
selber, viele Freunde arbeiten ähnlich, ich hab gerne gearbeitet mit
den französischen und schweizerischen Produzenten die ich jetzt hier
hatte. Ich finde das, also ich probier´s jetzt mal so zu
formulieren, dass das nicht ne Hinrichtung für mich selber wird, ich
finde es richtig, dass in Deutschland gesagt wird, wir brauchen
richtige Produzenten. das ist im Prinzip richtig, und ich hätte auch
gerne jemanden. Ich hätte gerne jemanden, mit dem ich die Sachen
entwickle und mit dem ich Ideen reicher mache, auf der kreativen
Seite. Auf der Produzenten-Arbeitsseite, ist das Problem in
Deutschland, dass ein deutscher Produzent im Grunde genommen seine
Sache schon gerettet hat, in dem Moment wo sie produziert ist. In
dem Moment wo sie finanziert ist interessiert den Produzenten in
Deutschland eigentlich nicht mehr ist: ist das jetzt ein Smashhit im
Kino. Sondern den interessiert: wie krieg ich das jetzt reibungslos,
geräuschlos innerhalb des Zeitplans, innerhalb des Budgets über die
Bühne um gleichzeitig mit dem selben Redakteur, mit den selben
Förderungen das nächste Projekt vorzubereiten. Das führt natürlich
dazu, zum Beispiel im Konfliktfall: Also wenns jetzt einen Konflikt
gibt zwischen sagen wir mal Regie und Fernsehredakteur, wird der
Produzent immer auf der Seite des Fernsehredakteurs stehen, weil der
Regisseur ist für den Produzenten austauschbar. Der Redakteur ist
derjenige, von dem der Mann die nächsten zwanzig Jahre die Aufträge
braucht. Und so lange das so ist, habe ich eigentlich keine große
Lust auf deutsche Produzenten. Also ganz simpel gesagt, so lange ich
nicht mit Leuten arbeite, die persönlich im Risiko stehen, also
sowohl künstlerisch wie auch finanziell ihren Arsch hinhalten. Ich
weiß überhaupt nicht, was ich mit jemandem soll, der nicht in dem
selben Risiko drin steckt, wie ich. Ich versteh gar nicht wo dann
die Gesprächsbasis ist. Das ist auch ein Unterschied zu England und
auch zu Amerika. Da hast du natürlich, da hast du einfach
Produzenten, ich habe ja viele Freunde in Amerika, durch die ganzen
Festivals, und so. In Sundance lernst du halt einfach alle Leute
kennen, aber der Unterschied ist: die Leute gehen mit einer anderen
Panik in ein Projekt, weil die einfach ihr eigenes Leben drin haben,
wenns schief geht sind die hin, und aber auch mit ´nem anderen
Enthusiasmus. Das hängt ja auch zusammen. Das Risiko was du hast und
den Enthusiasmus was du hast. Und die deutschen Produzenten sind gut
abgesichert, das ist ja auch schön, aber dann ist natürlich dieses
Enthusiasmus-Problem da.
>>>> Wie stellst du dir das
denn dann über längeres so vor, ob ich jetzt mit Leuten von
Verleihen oder mit Leuten die Filme machen gesprochen habe, die
sagen alle, dass sich da was ändern muss, aber auch dass sich von
der Struktur her jetzt nicht so schnell was ändern wird und so
manches festgefahren ist.
<<<< Also ich bin jetzt an
so einem Punkt, wo ich da jetzt mal nachdenke, also nach L´amour
kommen schon mehr Produzenten, so: "Wir wollen dich produzieren.
Lass uns mal das nächste zusammen machen." Da denk ich auch drüber
nach ob ich jetzt wirklich aufhören soll zu produzieren. Ich denke
nicht das ich wirklich aufhören werde, weil´s auch irren Spaß macht
ein Projekt zusammen zu bringen. Aber was sicherlich ist, ist dass
du auf die Dauer, wenn die Projekte mehr und größer werden, jemand
dazu holen musst. Insofern ist es für mich selber ne interessante
Frage, wie verhalte ich mich dazu. Such´ ich mir nen Produzenten mit
dem ich arbeite oder nicht. Im Moment zeichnet sich teilweise so ne
Lösung ab, dass ich selber ne Finanzierung auf die Reihe kriege,
hauptsächlich, und das dann aber nem ausführenden Produzenten gebe,
der es für mich ausführt. Das ist ne Konstruktion die auch
funktioniert. Und innerhalb dessen. Aber wenn du die Frage
filmpolitisch stellst: Im Moment ist ja ne Katastrophensituation im
deutschen Kino, auf ner bestimmten Weise. Also dadurch, das die
ganzen Jungs, die da börsennotiert waren, so wahnsinnig viel Geld
mit ihren Aktien vernichtet haben, in ihren Aktienkursen. Das ist
natürlich die Hölle los. Bei den Leuten, die da 95 oder sogar 98
Produzent ihres Aktienkurses verloren haben. Da ist natürlich pure
Panik. Da ist auch Risikobereitschaft gleich null.... Keine Ahnung,
was das da für Auswirkungen haben wird.
>>>> Viele
von den jüngeren Regisseuren oder Leuten auf Filmhochschulen, die
schon was von den Strukturen mitbekommen haben, fragen sich nämlich
schon, ob es jetzt dass hier das Land ist, wo man Filme gerne machen
will. Und wenn dann auch Verleiher sagen, dass es so einige Filme
gibt, die sie großartig finden aber in ihrer Situation nicht
rausbringen werden, dann macht man sich schon
Gedanken...
<<<< Na darüber mach ich mir natürlich
auch Gedanken. Also wenn ich sehe, dass ich mit Lamour immer noch
keinen Verleih hab... Da ist natürlich die Frage, und genau wie du
sagst, da gibt es natürlich Verleiher, die sagen: aber, wir wissen
einfach nicht wie wir dieses Publikum erreichen, was dieser Film
braucht. Keine Ahnung. Man denkt, das ist nur ne Ausflucht, man
merkt aber irgendwann es ist doch nicht nur ne Ausflucht. Es gibt
ein bestimmtes Kunstkinopublikum, die kriegst du im Prinzip nur ins
Kino mit ausländischen Namen. Also im Prinzip sind die Leute, die
Wong Kar-Wai gucken, genau die, die auch meinen Film auch gucken
würden. Oder Lars Von Trier. Aber sind dadurch abgeschreckt, was im
Moment im deutschen Kino passiert, und gehen dann gar nicht rein in
deutsche Filme. Das ist natürlich schade.
>>>> Den
ersten Film den ich von dir gesehen habe, war Die
Terroristen.
<<<< Davor gab es eben noch Sommer,
diesen 105-Minüter den ich noch in der Hochschule gedreht habe. Der
kam dann auch ins Kino, lief auch in Italien im Kino und sogar da
auch ganz gut.
>>>> Also nach Lamour hat mich
Terroristen vom gleichen Regisseur schon erst mal ziemlich
geplättet. (hi
- lo)
<<<< Ja, Die Terroristen... da war ich echt sauer,
was Kohl nach der Wiedervereinigung gemacht hat, mit diesem ganzen
Rumgelüge. Und dann fand ich es auch interessant, was darüber zu
machen, dass wenn schon alle Ideologie verschwindet und wirklich nur
noch Geld als Wert übrig bleibt, dann bleibt ja als einziger
moralischer Wert nur noch Spaß. Dann kommst du schnell dazu zu
sagen: Gut, wenn die Leute Terroristen sind und aber: a) erfolgreich
und sie werden nicht geschnappt, b). sie haben Spaß und c). sie
haben am Schluss auch noch mehr Geld übrig als am Anfang, dann ist
das eigentlich ein Erfolgsmodell. Und dann habe ich mir gedacht, da
mache ich jetzt ne Groteske draus. Dass dann da dieser
Riesen-Pressewirbel losging, mit Kohl, der sich da persönlich
beschwert, und dem Intendanten vom Südwest-Funk, der rausfliegt,
daraufhin, damit habe ich nicht gerechnet. Also, weil ich nicht
dachte, dass dieser Mann so humorlos ist, dass der ne Groteske ernst
nimmt. Es ist ja nun wirklich eine sehr eindeutige Groteske. Und es
war dann wirklich interessant, dass da ne Riesen-Maschinerie
losgeschossen wurde. Wirklich Kanzleramt und so weiter, und wo dann
merkst, ja die sind ziemlich gut in Presse-Politik und so weiter.
Die sorgen dafür, dass ihre Meldung rauskommt am Freitag, so dass du
gar keine Chance hast, zu antworten, bis zur Montagsausgabe. Da
fängt es schon mal an, da sind die Jungs gut im Timing, die kennen
sich echt aus. Aber das Interessante ist zu sehen, dass dieses
Deutschland ein im gewissen Sinne total demokratischer Staat ist.
Das Kanzleramt sagt, dieser Film muss verboten werden und
gleichzeitig läuft die deutsche Reihe in Cannes, wo das
Wirtschaftsministerium Geld reinsteckt. Dann kriegt der
Ministerialdirigent nen Anruf direkt aus dem Kanzleramt, der sagt,
dieser Film wird aus dieser Reihe rausgenommen, und der sagt dann:
Ne, das glaube ich nicht.
>>>> Hättest du das
gedacht?
<<<< Ne, das hätte ich nicht gedacht. Und
das Goethe-Institut sagt halt: Du bist der einzige deutsche
Regisseur der je nach Sundance eingeladen wurde mit nem Spielfilm,
natürlich zahlen wir dir den Flug, ist uns total egal, ob das
Kanzleramt sich aufregt. Und irgendwelche Leute klagen dann gegen
den Film, wie diese Deutschland-Stiftung, und irgend ein Richter
guckt sich den dann an und sagt: Nö, ist es nicht. Fertig.
Abgelehnt. Und das war spannend, also zu sehen, dass Kohl, das fand
ich interessant, der hat richtig versucht, den Film zu stoppen. Und
das konnte er einfach nicht. Das einzige was er machen konnte,
soweit hat seine Macht noch gereicht, er konnte den armen
Südwestfunk-Intendanten feuern lassen, aufgrund von einem
Formfehler, im Prinzip. Weil es kein Drehbuch gab, für den Film. Der
Rundfunk hat dann gefragt, wo ist das Drehbuch für den Film und es
gab kein Drehbuch. Nur so ein Step-Outline. Und darauf musste der
Intendant zurücktreten. Und sonst lief das alles vollkommen
demokratisch seinen gang. Und alle haben gesagt, ja gut, Kohl regt
sich auf, aber wir glauben dass er sich täuscht. Fertig.
>>>> Wie war denn das für dich als du auf einmal
diese ganzen Reaktionen mitbekommen hast? (hi
- lo)
<<<< Da hab ich ein bisschen Angst gekriegt.
Plötzlich kriegst du dann so einen Anruf vom BKA und die Fragen dann
nach irgend welchen Details. Und plötzlich gibt es diese Klage wegen
Gewaltanstiftung. Da habe ich ziemliche Angst gekriegt, und dann gab
es ja auch ein Phänomen was ganz toll war, in diesem Moment. Ich hab
noch gar nicht mitgekriegt dass das auch für mich als Regisseur
wirklich hätte gefährlich werden können, aber da hatten dann
Kollegen schon angefangen für mich so ne Solidaritäts-Gegensache zu
machen. Mit dieser Riesenerklärung von allen Regisseuren: Das ist
ein klarer Fall für Freiheit der Kunst. Und das war glaube ich
ziemlich entscheidend, dass die das da gemacht haben. Und ich hatte
schon Angst. Zwischendurch ist es ja auch der Hammer, wenn du
merkst, wie die Medien funktionieren. Zum Beispiel, Bildzeitung,
zweite Seite: Mit Steuergeldern finanziertes Machwerk über einen
Versuch die Familie Kohl zu töten. Und dann: Die Inhaltsangaben
raten radikal außer Kontrolle wo dann auf einmal die ganze Familie
gesprengt wird, und im hinteren Teil steht dann, es wird noch ein
anderer Politiker erschossen, Wo du dann denkst, hallo, können wir
uns noch mal über den Film unterhalten? Aber das kannst du halt
nicht mehr. Die Medienmaschine ist im dann im Gang. Und ne
Diskussion darüber führen, dass der Inhalt des Filmes nicht
beschrieben worden ist, das ist zu spät, was in der Bild-Zeitung
steht... Und in der Abend-Zeitung in München, erste Seite, da hast
du keine Gegenkorrektur-Chance.
>>>> Was ja in
punkto Zuschauer für den Film ja erst mal ganz gut gewesen sein
müßte. (hi
- lo)
<<<< Praktisch gesehen war das gut für den Film,
aber dadurch dass der Kohl die Kampagne gestartet hatte und ich
nicht wusste wann, hatten wir in diesem Moment noch gar keine
Filmkopien. Wir hatten auch keine Plakate, als das passiert ist,
hatten wir noch gar nichts. Wir wollten den Filmstart irgendwann
machen, und dadurch dass der dann im Oktober seinen Tobsuchtsanfall
kriegt, damit hatte doch keiner gerechnet. Aber es war ne
interessante Erfahrung. Zum Beispiel auch: Tausend Mal habe ich im
Kanzleramt beim Staatsminister Ackermann angerufen, bis ich den dann
mal persönlich ans Telefon kriegte. Weil natürlich wissen wollte, ob
der Kohl den Film überhaupt persönlich gesehen hat. Kriegst du keine
Antwort drauf. Bis du einfach sagst: Sagen Sie jetzt bitte Herrn
Ackermann, dass ich in zwei Stunden einen Auftritt habe in der und
der Talkshow. Und wenn ich bis dann nicht ne detaillierte Auskunft
darüber habe, wie viel Kohl gesehen hat, und ob er überhaupt was
gesehen hat, dann sage ich, Kohl hat gar nichts gesehen. Dann
kriegst du natürlich den Rückruf. Und dann kriegst du diese
super-diplomatischen Antworten. In dem Fall hieß die Antwort: "Herr
Kohl hat den Film gesehen." Und dann fragst du nach: "Hat er den
Film ganz gesehen?" Und dann kommt die Antwort: "Er hat alle
Stellen, auf die es ankommt, gesehen." Und dann fragst du dann nach:
Heißt das jetzt, dass Sie im Schnell-Lauf alle Elemente übersprungen
haben, außer den Anschlags-Elementen? Und die Antwort war: "Ja, wenn
Sie das so formulieren wollen, dann könnten Sie das so tun." Obwohl
dann halt klar ist, dass das Kanzleramt, weil der Kohl so wenig Zeit
hat, ihm nur einfach zwölf Minuten Anschlagssequenzen und
Vorbereitungen zeigt und alles dazwischen überspringt, dann ist das
kein Wunder dass der subjektiv das Gefühl hat, das wär ne Anleitung
wie man ihn in die Luft jagt, kann ich verstehen. Aber da fehlt ja
komplett die andere Ebene.Das Problem war ja nur, dass ich danach
nicht mehr ohne Drehbuch Filme machen konnte. Das war schade, da ich
bisher immer nur mit so kleinen Outlines gedreht hatte, und jetzt
musste ich ein vollkommenes Dialog-Buch abliefern, das ist überhaupt
nicht mein Stil. Wobei das L´Amour ganz gut getan hat, weil alles,
was du da siehst, jeder Dialog ist im Drehbuch ganz aufgeschrieben
bis auf´s Komma, und das ist gut gewesen, dass ich gezwungen war,
die Sprache so genau festzulegen. Das Problem war halt es hat
zweieinhalb Jahre gedauert bis ich das Drehbuch in der Struktur
soweit hatte, und dann musste ich wieder das Geld besorgen, und es
war ja nach den Terroristen nicht so einfach, das Geld zu kriegen.
>>>> Was gerade blöde ist, wo du jetzt was ganz
anderes gemacht hast.
<<<< Ja die Geldgeber wollen
genau wissen worauf sie sich einlassen, und eigentlich wollen die
Leute in Deutschland auch, dass man den gleichen Film immer wieder
macht. Und jeder Film von mir ist halt sehr verschieden. Er nächste
Film ist ne Dokumentation ohne Worte über die Grand Chantreuse.
>>>> Aha?
<<<< Das Mutter-Haus des
Katheuser-Ordens, schweigende Mönche, das ist schon relativ weit weg
von L´Amour. Das ist ein Projekt, das ich seit 1984 verfolge. Schon
in der Filmschule war das so ne Idee was über dieses Schweigen zu
machen. Das hat was damit zu tun, das, jedenfalls für meine Filme,
Film ja ein reines Zeitgestaltungs-Medium ist. Das Hauptelement wie
ich arbeite, ist, dass ich in den Wahrnehmungs-Rhytmhus des
Zuschauers eingreife, für die Zeit die er da sitzt. Deshalb geht das
auch, bei den Zuschauern bei denen das ankommt, relativ tief rein.
Und, ich fand das dann immer irre was zu machen in der Sprache fast
überhaupt keine Rolle mehr spielt, in der es nur um Rhythmus geht.
Klosterleben is ja ne extrem Rhythmisierte Sache. Die haben ja immer
so acht neuen Gebetsmomente. Da wo ich drehe, gibt es diesen
katholischen Orden so um die tausend Jahre, und seitdem haben die
ihre Regeln auch nicht mehr geändert, und seit tausend Jahren leben
die so. Die Zeit und das was du sehen kannst, die Bilder, ist das,
was das Leben da ist. Und natürlich Gott. Du kannst Gott ja sowieso
nicht abbilden, aber du kannst natürlich nen Film machen, nicht
darüber woran die jetzt glauben. Aber du kannst einen Film machen,
wo du dich als Zuschauer selber fragst, woran du jetzt glaubst. Und
das finde ich spannend. Aus formalen und inhaltlichen Gründen wollte
ich einen Film über die machen, die das Klosterleben zu einem
bestimmten extrem leben. Die Katheuser nehmen nie Gäste auf. Die
Katheuser unterhalten keine Schulen. Die tun nichts, als beten.
Unglaublich radikal. Die sagen: Wenn der Pfarrer im Nebendorf
stirbt, dann können wir dem keine Messe halten, da können wir nichts
machen. Unser Auftrag ist es, hier drinnen zu bleiben. Sehr extrem
>>>> Aber zurück zu L´Amour L´Argent L´Amour. Auch
wenn das Drehbuch so festgelegt sein musste, gibt es aber trotzdem
improvisierte Sachen, oder? (hi
- lo)
<<<< Es gibt Nebenszenen die improvisiert sind, es
gibt ne ganze Menge improvisierte Nebenmomente. Daran glaube ich
aber, dass du neben dem Drehbuch-Struktur-Szenen musst du einfach
bestimmte Sachen improvisieren. Als sie ihm zum Beispiel die Haare
abschneidet oder das Auto im Eis stecken bleibt. Dazu ist ja dieses
relative Spontan-Drehen, teilweise drehe ich sehr genau geplant,
teilweise sage ich einfach, das wird jetzt gemacht... Du kriegts
bestimmte Ideen, da würdest du dich nicht trauen, die in ein
Drehbuch reinzuschreiben. Wenn du in ein Drehbuch reinschreibst,
"Sie schneidet ihm die Haare ab", du hast keine Chance, das Drehbuch
wird so kitschig lesen, dass du sie immer rausstreichen wirst. Sie
wird deine eigene Zensur nicht überleben. Wenn du sie aber im Moment
einfach mal machst, dann wird sie es überleben. Es sind ne ganze
Menge Sachen so entstanden. Im Frankreich Teil an der Küste, bei der
Arbeit dieses Bild mit den zwei verbundenen Armen, das Bild ist auch
so entstanden, als ich da einfach gutes Licht hatte. Das sind
Sachen, die musst du im Moment machen, sonst werden die kitschig,
so´n kitschiger Symbolismus, mit zwei Armen zur Arbeit gehen. Aber
Ausgangspunkt bei Lamour, die Geschichte ist mir seit 1990 im
Kopf.
>>>> Was war das für ne Geschichte, weil wenn
ich jemandem von dem Film erzähle, fragt immer jeder: Was ist denn
jetzt das Besondere daran? (hi
- lo)
<<<< Genau.
>>>> Was war denn für
dich so besonders?
<<<< Geschichten entwickeln geht
bei mir immer gleich. Ich merke irgendwie, ich komme in so eine
Phase wo ich keine Lust mehr hab´, sinnvolle Dinge zu tun. Wo ich
mich mit niemandem mehr verabrede, wo ich keine geschäftlichen
Sachen mehr mache. Dann institutionalisier ich das sozusagen, und
sag, ich bin einfach nicht hier, hab jetzt nichts zu tun mehr hier
mit den Leuten um mich herum. Und dann kommt irgendwas und ist auch
schon bald da, und dann taucht da so ne Geschichte auf. Das ist
immer ähnlich dieser Vorgang. Und bei Lamour das Unglaubliche und
was ich sehr besonders fand, war, wie diese Charaktere auftauchten.
Also, es war viel weniger die Geschichte die auftauchte, als diese
beiden unglaublichen Figuren. Wie David, diese komische Mischung und
dieser Ungeschicklichkeit und dieser extremen Reinheit und Unschuld
die der hatte, und dann gleichzeitig durch diese Unschuld auch, dass
der in der Lage ist, einfach Zuhälter zu werden. Wenn du unschuldig
bist, klar, dann kannst du dir auch einfach mal diese Cowboy-Stiefel
kaufen. Das war das besondere. Und dann die Geschichte, war klar,
sie geht auf den Strich, er hat einen Arm gebrochen, er arbeitet auf
dem Schrottplatz, es gibt einen Hund, es ist eine Liebesgeschichte,
sie endet in Frankreich, das Auto verbrennt am Schluss, ursprünglich
war immer so dass sie verhaftet werden. Aber das war alles nicht so
wichtig. Wichtig waren immer die Figuren, ich hab die geliebt, ich
fand die unglaublich. Auch Marie, diese Halbkinderhaftigkeit und
dabei total abgebrüht sein. Und drinnen viel mehr Kind als man
denkt, weil sie sich so abgepanzert hat. Das war alles auf einmal
da. Die beide haben mich dann extrem lange total begleitet, die
Charaktere. Ich hab die geliebt. Und das war das Besondere. Ich hab
noch nie ne Geschichte gemacht, wo ich gleich gemerkt habe, mit
diesen beiden Figuren will ich jetzt ne lange Zeit meines Lebens
verbringen. Weil du ja ne lange Zeit mit den Figuren verbringst,
wenn du schreibst und so weiter. Und das war auch immer das Problem
beim Schreiben, klar, wenn ich die Geschichte jetzt als Plot
erzähle, ist es nix. Zum Glück hatte ich die Erfahrung gehabt, mit
dem Kegelwitsch, wo ich gesehen hab, wie ihm seine Geschichte kaputt
gegangen ist, als er den Details nicht vertraut hat. Und das hat bei
mir für diesen Film bestimmt einen Einfluss gehabt. Und auch gegen
Geldgeber um die Details kämpfen. Ist klar, ne Liebesgeschichte ist
nichts ohne die Details. Und es gibt auch noch jede Menge anderer
Szenen. Ich habe mich auch leider ein bisschen dem Druck gebeugt,
vom Drehbuch her ist der Film dreieinhalb Stunden lang. Ich hätte
ihn noch ne halbe Stunde länger machen sollen, wahrscheinlich. Ne
Liebesgeschichte ist halt ne lange Geschichte (hi
- lo).
Ich hab mir dann auch mal angeguckt, welche Liebesgeschichten
erfolgreich sind, und erfolgreich waren, und die sind alle
unheimlich lang. Pretty Woman als sozusagen die Urknallzündung des
Liebesfilms, der in den Sechziger-, Siebziger-Jahren verschwunden
war, bis Pretty Woman auftauchte...Pretty Woman ist über zwei
Stunden lang. Das ist für Holywood damals, ein absoluter
Regelverstoß. Aber er muss so lang sein, weil du die Liebe nur über
Details erzählst. Natürlich kannst du das rausnehmen, wie sie mit
seiner Kreditkarte einkauft. Du kannst auch rausnehmen, wie sie mit
ihm in die Oper geht, aber dann ist der Film kaputt. Ich habe
einfach mal in nem Air France-Flug indem ich sass mir das
Bord-Programm durchgeguckt, und die haben so eine schöne
Bordprogramm-Zeitung, wo sie Revolver für Action, Herzen die Liebe
und ich weiss nicht, was noch für Zeichen haben. Und ich hab mir
diesen Katalog durchgeschaut, und die Liebesfilme waren die längsten
die die hatten. Und immer länger, als die Action-Filme. Und dann
habe ich gedacht, dass das so sein muss.Und dann habe ich angefangen
am Drehbuch zu arbeiten, zusammen mit der Drehbuch-Werkstatt in
München. Und recherchiert, extrem viel recherchiert. Weil diese
Figuren vielen mir so ein, und waren dann ganz schnell ganz nah bei
mir dran, aber ich wusste noch nicht genau warum ich die so liebe,
und warum ich die so stark finde. Und dann habe ich mich sehr lange
mit diesem Prostitutions-Milleu beschäftigt um herauszufinden, was
passiert da eigentlich mit den Frauen. Beziehungsweise um auch
herauszufinden, warum nehme ich eigentlich ne Frau die auf den
Strich geht, als Liebende. Und dann wurde halt doch recht klar,
dass, zumindest so wie Prostitution in Deutschland funktioniert, ist
es so, dass die Frauen ein Problem mit Zulassen von Nähe oder
Nicht-Zulassen von Nähe haben. Und dadurch entsteht das, dass
sozusagen eine Lebensform gefunden wird, wo der eigene Schmerz,
darüber dass man ne Lieben nicht wirklich zulassen kann,
beziehungsweise, dass, wenn Liebe und Sexualität zusammenfallen,
dass dann einfach ne Krise da ist. Das passiert der Marie in diem
Film. Prostitution handelt auf ner symbolischen Ebene für mich
davon, wie hält man das auseinander. Das ist eigentlich das was die
Frauen erleben, glaube ich.
>>>> Wenn man aber
Figuren so lange bei sich trägt, könnte ich mir schon vorstellen,
dass es erst mal hart ist, die dann auch zu finden, oder bei
Castings etc. auszuwählen.
<<<< Das casting war ja
total verrückt, ich hatte ja zuerst gedacht, ich kriege den Film
ohne Drehbuch finanziert (hi
- lo).
93 hab ich schon mal gecastet und aufgrund der Geschichte war ich
mir sicher, ich krieg Geld aufgrund des Exposees. Hab ich natürlich
nicht gekriegt, wegen den Terroristen. Beim Casting waren zwei
Sachen interessant. Das eine war, zu merken, dass ne Szene die gut
ist, die Schauspieler bei der Hand nimmt, und reinsaugt, und wenn
die sich einlassen passiert so ne bestimmte Automatik, und dann
spielt sich die Szene durch die Menschen. Das war spannend, zu
sehen, wie bestimmte Szenen Sachen gemacht haben, mit den Leuten.
Und das andere war, gut es gibt halt natürlich keine "Schauspieler"
die "jung" sind. Du musst halt gucken in Schauspielschulen, das
heißt, du musst eigentlich noch früher gucken... Sabine hab ich
getroffen in so ´nem Strasberg-Method-Workshop, wo ich selber als
Schauspieler teilgenommen hab. Das war eigentlich recht schnell
klar, dass sie das wirklich kann. Das war unglaublich. Es gibt auch
noch Casting-Aufnahmen von ihr, da war sie 19,wo wir gecastet haben.
Ich hab sie 94 getroffen und es hat ja noch mal drei Jahre gedauert,
bis wir das Geld hatten. Da war zum Beispiel ein großer deutscher
Verleih, der ist eine Woche vor Drehbeginn abgesprungen, weil es
gesagt hat, die Schauspielerin ist schlecht. Und Florian, da haben
wir ne Riesen-Suche gemacht. Wir sind zu den ganzen
Aufnahme-Prüfungen von den Schauspiel-Schulen hingegangen. Wir haben
auf der Strasse gesucht. Über Casting-Agenturen. Ich hab mich dann
mal in die Jury dieses Gesicht Des Jahres-Modelwettbewerbs
reinwählen lassen. Ich hab mir gedacht, na gut, dann seh ich jetzt
wenigstens mal zehntausend junge Leute auf einen Schlag. Das war
auch interessant aber der falsche Typ... Und dann haben wir Florian
aus der Prüfung von so ner Schauspiel-Schule rausgefischt. Was halt
schwierig war, war, das richtige Paar zu finden. Das Hauptproblem
bei dem Casting war, einen Schauspieler zu finden, der es überlebt,
neben Sabine zu spielen. Und das war super-interessant. Da waren von
denen sogenannten gypten Jungstarts des neuen Kinos. All diese Leute
die da hochgeschossen wurden kenn ich von diesen Castings. Da gibt´s
Leute, die sind wie eine Sonnenfinsternis verschwunden neben Sabine.
Ich kann jetzt keine Namen sagen, aber das war interessant. Da
gibt´s Leute, die waren alleine total präsent, und dann hast du
Sabine daneben gestellt und es war so, als würden die ausgeknipst.
Bei Lamour hat das noch ne andere Konsequenz gehabt, ich hab kurz
vorm Dreh noch mal auf 35mm ein Casting gemacht. (hi
- lo)
Ich wollte die Gesichter der beiden auf der Leinwand vom Zoo-Palast
sehen. Und dann sind wir rausgekommen aus dem ich und Freunde und
Team-Mitglieder und haben gedacht: Okay, wir haben ein echtes
Problem, wir haben einen Star gecastet. Und daher kam dann die
Entscheidung auf Cinemascope zu drehen. Es gab vorher sogar
Überlegungen wegen Super-16, das ging dann nicht wegen dem Licht,
aber, es war nie Cinemascope gedacht. Und dann hattest du aber ein
Gesicht was die ganze Zeit "Das ist großes Kino" suggeriert, und du
musst formal mithalten. Wenn du da formal nicht mithältst, dann
fliegt der Film dir um die Ohren. Und so war es super teuer Sabine
zu casten, weil da musste man plötzlich auf Scope drehen. Aber so
war´s eben.
>>>> Hat das Schnell "klick" gemacht, als
du die beiden zusammen gesehen hast.
<<<< Ne nicht so
schnell. Ich hab die dreimal zusammen gecastet, ich fand die schnell
ein gutes Paar.. Auch interessant, auch ohne meine Assistentin die
das Casting gemacht, hätte ich Florian übersehen. Weil der diese
Ungeschicklichkeit, und dieses komische David-hafte, das hat der
auch wirklich. Das heißt du hast irgendwie das Gefühl, der Typ ist
nicht richtig da, der ist immer so unterwegs, in sich selbst. Und da
war´s umgekehrt. Erst als der neben Sabine war, wurde der sozusagen
angeschaltet. Ohne Sabine hatte man das Gefühl, der ist irgendwie
halb abgeschaltet. Und dann war der plötzlich da. Und das war ein
Super-Aufwand dieses Casting. Unglaublich teuer. Das war
katastrophal. Wir wollten ein Jahr früher schon mal drehen und
hatten zu der Zeit ne ganz tolle Besetzung. Der Typ, der in Sommer
das autistische Kind gespielt hat, der war dann halt 18 oder 19 und
das war ganz toll. Und das war ganz schlimm, das wir nicht das Geld
gekriegt haben. Da gab´s ne Haushaltssperre bei einer Förderung,
konnten nicht auszahlen, mussten verschieben... Und in der
Zwischenzeit bis wir dann drehen konnten, ist der leider komplett
drogenmäßig abgestürzt. Und das war natürlich extrem hart. Zu sehen,
du hast ein ideales Cast und ein Jahr später ist einer von den
beiden nicht mehr da, auf eine Art. Dessen Gehirn war wirklich in
dem einen Jahr durch Ecstasy zerschossen. Das war sehr schade. Das
fand ich richtig schlimm, das war auch so ein cooles Paar, und es
wär so schön auch mit jemandem mit dem du als Kind gearbeitet hast
weiter zu arbeiten.. Da war bei mir natürlich ein Bezug da, klar.
Aber es ging einfach nicht. Jetzt hat er sich zum Glück wieder
erholt, und jetzt wird er auch Schauspieler, das ist gut. Aber das
war schade.
>>>> Wie lief denn die Dreharbeit ab.
Der Film hat ja schon etwas sehr Unmittelbares, da ist es schwer
vorstellbar, dass da so ein dreißig-köpfiges Team am Start war.
<<<< Ja, leider doch. Es gab ein großes Team.
>>>> Warum?
<<<< Das war ein
bisschen verrückt. Wegen dem Geld hatte ich ja schweizerische und
französische Co-Produzenten. Und da tauchte irgendwann das Problem
auf, dass wir relativ viel Geld besorgt hatten, und das alle
dachten: So jetzt drehst du, und du drehst auf Scope, und du drehst
auf 35, und jetzt muss das mal ?professionell? gemacht werden. Und
jetzt muss mal ein Riesen-Team hingestellt werden. Und ich hab´
versucht mich zu wehren und hab´gesagt, ich brauch kein Riesen-Team.
Ich weiß nicht, was ich mit denen allen machen soll, aber da wurde
absolut darauf bestanden, dass eine angeblich professionelle
Struktur geschaffen wird. Und das ging dann auch radikal schief,
muss man sagen. Wir haben irgendwann dann angefangen sozusagen quasi
einen Doppel-Dreh zu machen. Dass gedreht wurde mit dem Team, und
dann wiederum während den Wochenenden oder den freien Tagen sehr
viel gedreht wurde nur ich, mit ´nem Freund der dann Ton gemacht hat
und den beiden Schauspielern und dem Maskenbildner. Sozusagen mit
ner Miniatur-Core-Unit. Und der Schluss ist nur noch gedreht worden
nur mit dieser Core-Unit. Irgendwann sind dann die Verträge des
Teams ausgelaufen, und wir haben dann gesagt, jetzt drehen wir das
noch mal zu Ende, alleine. Es fühlte sich wie an wie ne Riesen
Befreiung, als das Team nicht mehr da war. Diese ganzen
Schluss-Sachen sind mit nem Team gedreht, also inklusive
Schauspieler, von sieben Leuten. Und da hat das plötzlich
funktioniert. Da konntest du viel schneller arbeiten, konntest
persönlicher arbeiten. Das war falsch, am Anfang, so ein großes Team
zu haben.
>>>> Und wie weit warst du in das ganze
technische Drumherum involviert?
<<<< Wir hatten
einen sehr guten Oberbeleuchter - einen Oberbeleuchter der auch
übrigens Die Innere Sicherheit gemacht hat. Und als ich dann selber
die Kamera gemacht habe, habe ich mich eben mit dem kleinen
Lichtteam, 2 Leute, auch super, abgesprochen. Als Sophie die Kamera
gemacht hat, hat sie etwas mehr Licht gesetzt, aber ich glaube die
Bilder von uns beiden sehen sich schon sehr ähnlich. Ganz ohne Licht
kannst du bei 35mm nicht drehen. Das funktioniert nicht. Das normale
Licht ist meistens zu flach. Bei Außen-Sachen oder im Freien
brauchst du kein Licht. Das ist eben auch so ein Wahn, dass die
Kamera-Leute überall Licht setzen willst. Es gibt nichts schöneres,
als zum Beispiel im Supermarkt das Neon, das von oben kommt. Da
brauchst du sonst nichts.
>>>> Und du arbeitest
generell so, oder. Das ist jetzt nicht irgendwie so im Dogma-Hype
etc. entstanden? (hi
- lo)
<<<< Ich hab das ja leider schon vor Dogma gedreht.
Danach habe ich ja erst mal unendlich lange geschnitten. Beim
Schneiden habe ich mich ja noch mal ziemlich in der Geschichte
verirrt.
>>>> Wie lang hat das gedauert, und hast du
das alleine gemacht?
<<<< Fast alleine. Einen Teil
noch mit der Valdis Oskarsdottir, die das Fest und Mifune
geschnitten hat. Eine tolle Cutterin. Die kam für zweieinhalb
Wochen, und hat mir das umgearbeitet. Generell schneide ich immer
alleine. Ich habe den alleine geschnitten, weil, für den Film, das
sind ja alles Jump-Cuts, Handkamera, und auch auf Jump-Cuts hin
gedreht. Und ich hatte keinen deutschen Cutter gefunden der damit
umgehen kann. Gedreht haben wir es eben vor Dogma - leider. Sonst
hätte man ja... Es ist eher umgekehrt. Der Anthony Dot Mantle, der
ja die Kamera bei den ganzen Dogma-Filmen gemacht hat, hat ja
wiederum davor seine erste Spielfilm- Kamera bei den Terroristen
gemacht. So hängt das alles zusammen. Deswegen hat der Vinterberg
ihn für das Fest genommen. Weil er Die Terroristen gesehen hat und
gesagt hat, okay, der kann halt doch Handkamera
machen.
>>>> Wie lang hast du denn dann bei einem
derartig direkten, Handkamera-gedrehten Film für den Schnitt
gebraucht? Da muss die Orientierung ja noch etwas komplizierter
sein.
<<<< Endlos lange. Wobei der Schnitt auch
super-kompliziert aus technischen Gründen war. Wir hatten super
viele Negativ-Schäden. Die mussten zum Teil korrigiert werden, zum
Teil nachgedreht werden, zum Teil auch im Schnitt vermieden werden.
Das war ein großer Teil der Arbeit. Dann ist es kompliziert wegen
dieser Dreifach-Belichtung. Aber ich hab´ wirklich so was wie,
gut... Bis der Bildschnitt fertig war, das waren zweieinhalb
Jahre.
>>>> Aber das hatte bestimmt nicht nur
technische Gründe. Hast du zwischendurch nicht mal gedacht, ich kann
die Form des Filmes nicht finden? (hi
- lo)
<<<< Das war wirklich schwer die Form zu finden.
Auch gerade die Balance zu finden, zwischen dramaturgischem Skelett
und sozusagen den Girlanden-Szenen drum herum. Die halt nicht nötig,
aber doch toll sind. Und die halt doch nötig sind, dass du das
Gefühl für die beiden kriegst. Es viel einfacher einen Film wie die
Terroristen zu schneiden, wo du ne Struktur hast, die auf ne ganz
super-simple Art dramatisch ist. Explodiert die Bombe oder nicht?
Und hier hast du es halt nicht. Hier hast du ne Struktur, die
unglaublich weich ist. Beim Schneiden war es manchmal so, als ob du
in Nebel wanderst, weil du das Gefühl hast: Wenn du´s zu sehr
konkretisierst, dann gehen dir die Figuren kaputt. Und wenn du es zu
aber zu sehr atmosphärisch erzählst, dann geht dir das Interesse des
Zuschauers kaputt. Das war super-schwierig. Dieser Film ist auch ein
Extrem-Beispiel dafür, das jeder Teil des Filmes jeden anderen
beeinflusst. Du schneidest und schneidest und schneidest, und dann
musst dir wieder die ganzen zweieinhalb Stunden angucken. Um zu
überlegen: Hat das was du gemacht hast, jetzt nach hinten ne
Konsequenz, die fatal ist? Und das ist natürlich der Hammer als
Zeitaufwand. Dann guckst du es dir wieder an zweieinhalb Stunden.
Dann musst du wieder zwei Tage lang spazieren gehen, damit du
überhaupt weißt, was passiert ist.
>>>> Und wie
Schauspieler dann im Filmprozess mit dem Inhalt des Buches dann beim
Drehen klar gekommen?
<<<< Also es gab viele Momente
wo die Schauspieler in extrem persönliche Situationen von sich
selbst reingeführt wurden. Das ist ja bei der Method-Methode, mit
der ich arbeite, auch klar. Es gab manchmal Momente, wo z.B. bei
Sabine, bei der Vergewaltigung mit dem Zuhälter, wo das Problem war:
Klar, sie muss da unheimlich weit rein gehen. Und da gibt´s den
Moment wo du denkst, brech ich jetzt den Dreh ab, um sie zu schonen?
wo aber auch klar ist, das wäre genau falsch, weil du musst ihr die
Möglichkeit geben, dass sie den Konflikt den sie da selber erlebt,
in dem sie es spielt, bis es sie für sie jetzt auch so ist dass es
auch gut gespielt ist, wieder löst. Du darfst sie auf keinen Fall da
hängen lassen, indem du sagst: Oh, jetzt erschreck ich mich als
Regisseur, jetzt brech ich mal den Dreh ab. Dann lässt du sie ja
wirklich im Stich, mit dem was sie an Gefühlen gefunden hat, in sich
selber, und lässt sie damit alleine. Und das war im Prinzip ein
Konflikt mit dem Team. Dass das Team ganz oft das Gefühl hatte, ich
quäle die Schauspieler, ich müsste sofort damit aufhören. Sie
müssten die Schauspieler retten. Während die Schauspieler das Gefühl
hatten ich mache das genau, was für sie richtig ist. Ich führe sie
zu einem bestimmten Punkt, und führe sie wieder raus. Das war ein
echter Konflikt-Punkt mit dem Team. Und es gibt natürlich in dem
Film, das ist ja klar, Momente die schwer zu spielen sind. Wobei es
andere Momente sind als man denkt. Für Sabine das Schwierigste waren
die Momente, wo sie eigentlich relativ glücklich sein muss. Und für
Florian war glaube ich das Schwierigste, wo es rausgeschmissen wird
von ihr, und wo er so wütend werden muss.
>>>> Aber
dein Bezug zu Schauspielern unterscheidet sich schon von
beispielsweise dem von Lars Von Trier, wo man das Gefühl hat, dass
dem a) seine Figuren relativ egal sind und b) auch die Schauspieler
dabei drauf gehen könnten.
<<<< Ne, meine
Schauspieler sind mir nicht egal.